von Günter Ofner

 

Es war vor etlichen Jahren, so um das Jahr 2003.

Durch den Hinweis einer weitschichtigen Verwandten hatten wir endlich das langgesuchte Grab, besser den Grabstein, des Ururgroßvaters meiner Lebensgefährtin, Adolf Divald berencsi, auf dem Andreas-Friedhof in Preßburg gefunden. Nun wollten wir feststellen, ob dessen Existenz auf diesem Friedhof gesichert war, oder ob er vielleicht abgeräumt werden könnte.

Da weit und breit kein Friedhofswärter zu sehen war und wir die verschiedenen slowakischen Aushänge nicht verstanden, sprachen wir eine Klosterschwester an, die des Weges kam.
Denn dort auf dem Gelände des Friedhofes gibt es ein kleines griechisch-katholisches Frauenkloster, dessen Schwestern sich auch um die Gräber kümmern.

Die Nonne blieb auch sofort stehen, lächelte freundlich und so stellten wir unsere Fragen. Aber sie verstand leider kein Wort Deutsch und wir nicht Slowakisch.
Wir versuchten es auf Englisch und Französisch - leider kein Erfolg.
Die Schwester versuchte es ihrerseits auf Ungarisch, aber das war für uns ebenso unverständlich.

Ursula versuchte es auf Spanisch-Kastillisch - verlegenes aber verständnisloses Lächeln unseres Gegenübers.

Tja, da war wohl nichts zu machen.

Wir bedankten uns, drehten uns um und strebten dem Ausgang zu, um nach Wien zurückzufahren.

Da ertönte die leise Stimme der Schwester hinter uns: "Italiano ?"

Natürlich! - Das war es. Darauf hätten wir auch selbst kommen können, daß eine katholische Klosterfrau (auch eine griechisch-katholische) etwas Italienisch beherrschte.

Nun waren die Verständigungsschwierigkeiten schlagartig überwunden.
Nicht daß wir fließend Italienisch beherrschen, aber durch unser Schullatein ist das sehr ähnliche Italienisch für uns ganz gut verständlich, vorausgesetzt das Gegenüber spricht nicht zu schnell. Und das war nicht der Fall. Wir konnten rasch klarmachen, daß wir etwas über den Status des Friedhofs wissen wollten und die Adresse der Verwaltung. Wenige Minuten später waren wir ausreichend informiert, bedankten uns ein zweites Mal - diesmal auf Italienisch-Lateinisch und gingen unserer Wege.

Diese kurze Begegnung war ein Schlüsselerlebnis für uns. Wir haben danach noch oft in fremden Ländern mit Menschen zu tun gehabt, die weder Deutsch noch Englisch verstanden. Aber egal wo und bei welcher Gelegenheit, wir haben immer eine Möglichkeit zur Verständigung gefunden. Natürlich nur dann, wenn auch das Gegenüber an einer Verständigung interessiert war.
Und oft dachte ich bei diesen Gelegenheiten an die kleine Klosterschwester in Preßburg zurück.

Es gibt immer eine Möglichkeit sich zu verständigen.

PS: Der Andreas-Friedhof ist, wie wir inzwischen wissen, ein Denkmalhain, die Grabsteine also nicht in Gefahr.

 

Günter Ofner
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