Als im Jahr 1958 Geborener habe ich die "Atomdiskussion" der späten 1970er-Jahre in Österreich selbst miterlebt. Die Volksabstimmung über die Inbetriebnahme des bereits fertiggstellten Atomkraftwerks Zwentendorf in Niederösterreich am 5. November 1978 war meine erste "Wahl", d.h. ich war, damals 19jährig, erstmals stimmberechtigt.
Das Ergebnis lautete: 50,5% "Nein" bei einer Wahlbeteiligung von 64,1%.
Ich war einer dieser 1.606.777 Österreicher, die mit "Nein" gestimmt haben.

Diese Atomdebatte damals, die übrigens bis zur Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 weitergegangen ist, erinnert mich frappant an die heutige Diskussion über die DNA-Genealogie.
Auch damals traten mehrere von der Atomindustrie finanzierte Vereine und Gesellschaften auf, die einerseits versicherten, die "Atomkraft ist 100%ig sicher", jede davon abweichende Einschätzung sei "lächerliche und unwissenschaftliche Panikmache" und im übrigen sei Atomkraft unverzichtbar, weil sonst bald "die Lichter ausgehen" würden, d.h. unser Wirtschaftsystem wegen Energiemangels kollabieren oder zumindest schwer geschädigt würde.
Das wurde mit gigantischen Werbebudgets massiv "getrommelt", um die Menschen in Sicherheit zu wiegen und die Argumente der wenigen und kleinen Atomgegner-Gruppen wirkungslos zu machen.

Die Atomgegner-Szene war keineswegs homogen und oft auch politisch ideologisch festgefahren. Ich erinnere mich noch, daß die KPÖ (Kommunistische Partei Österreichs), damals bei Wahlen schon ziemlich bedeutungslos, aber dank der garantierten Einnahmen aus dem Osthandel die reichste Partei Österreichs und unbedingt linientreu zur Führung in Moskau, propagierte: "Stimmt mit NEIN, denn nur die Atomkraftwerke in den sozialistischen (kommunistischen) Staaten sind sicher, die im Westen aber nicht."
Dieser Unsinn war freilich für die anderen (wahren) Atomgegner wenig hilfreich und natürlich Wasser auf die Mühlen der Atomindustrie.

Eine Reihe von führenden Wissenschaftlern stellte sich gegen die Atomkraft und deren Argumente und erreichten schließlich, trotz minimalem Budget, doch weite Bevölkerungskreise.
Der für mich beeindruckendste davon war Herr Prof. Paul Blau, der pensionierte Chefredakteur der sozialistischen "Arbeiter-Zeitung", der damit in Konflikt mit seiner eigenen Partei (SPÖ) geriet, die damals mit absoluter Mehrheit regierte und pro Atomkraft eingestellt war.
Ich erinnere mich gut daran, wie er im vollbesetzen Audi-Max der Universität Wien im Rahmen einer Podiumsdiskussion die langfristigen Auswirkungen der Atomindustrie auf die Gesellschaft analysierte und diese Gefahren mit messerscharfer Logik darstellte.

Z.B. daß die militärische Nutzung der Atomkraft (Atombombe usw.) nur möglich ist, wenn es parallel dazu auch die sog. "friedliche Nutzung" der Atomenergie (zur Energiegewinnung) gibt. Denn nicht nur deren wissenschaftliche Forschungen nutzen den Kernwaffen-Konstrukteuren, sondern in den Reaktoren fällt auch Plutonium als Abfallprodukt an. Und genau das braucht man für die Herstellung von Kernwaffen.
D.h. ohne AKWs wäre das riesige Arsenal an Kernwaffen nie möglich gewesen.

Herr Prof. Blau sprach auch über die Unmöglichkeit den radioaktivem Abfall aus den AKWs langfristig sicher zu lagern. Und richtig - bis heute gibt es weltweit kein "Endlager" für radioaktiven Müll, sondern nur hochproblematische Zwischenlager, die nichts anderes als "Zeitbomben" sind und gegen die sich die Anrainer überall verzweifelt zur Wehr setzen.
Er folgerte daraus, daß die Existenz dieser großen Mengen von Atommüll, bzw. deren langfristige Bewachung, zwangsläufig zu autoritären Strukturen und total überwachten Gesellschaften führen muß. Denn nur so ist es (eventuell) möglich eine globale nukleare Katastrophe zu verhindern.

Wieviel davon ist seither schon Realität geworden!
Wie weit ist die flächendeckende Überwachung aller Menschen schon Realität!
Herr Prof. Blau hat noch einen guten Teil dieser Entwicklung erlebt.
Und wir damaligen "Jungen" erleben bis heute die Fortsetzung davon.

Herr Prof. Blau hat auch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 noch erlebt und die Verseuchung weiter Teile Weißrußlands, der Ukraine und Rußlands (insgesamt 218.000 Quadratkilometer) durch das freigesetzte radioaktive Isotop Cäsium137 und andere radioaktive Stoffe.
Noch heute, 32 Jahre danach, ist ein Gebiet von 6400 Quadratkilometern, also mehr als doppelt so groß wie Vorarlberg oder das Saarland, für Menschen total gesperrt.
Noch heute gibt es in den umliegenden Regionen weit überdurchschnittliche Raten an Tumorerkrankungen (besonders Schilddrüsenkrebs und Leukämie) und schwer mißgebildeter Neugeborenen.
Noch heute gibt es Regionen in Österreich, vor allem in Oberösterreich, Salzburg und Kärnten, wo erlegte Tiere verpflichtend auf die Strahlenbelastung zu überprüfen sind, bevor sie auf die Märkte kommen dürfen. Wird der zulässige Grenzwert überschritten, müssen diese Tiere in der Tierkörperverwertung entsorgt werden. Gleiches gilt auch für manche Arten von Schwammerln (Pilzen), sog. „Cäsiumsammler“, die unverändert wegen der radioaktiven Belastung ungenießbar sind.
Und natürlich gilt das auch für Wild, Pilze, Beeren und andere Lebensmittel aus dem östlichen Europa, die manchmal mit falschen Herkunftsangaben oder zur Tarnung vermischt mit unbelasteten Chargen, auch auf die Märkte Mitteleuropas kommen.
Dabei hat der selbstlose Einsatz zahlreicher sog. "Liquidatoren", die den Unglücks-Reaktor schließlich abgedichtet haben, damals eine noch weit größere Katastrophe verhindert. Mehr als 50.000 von ihnen haben ihren Einsatz mit ihrem Leben bezahlt, zahlreiche weitere leiden bis heute an der Strahlenkrankheit.

Nach der Katastrophe von 1986 gab es in Österreich keine offene Atomdiskussion mehr. Dänemark beschloß in die Kernenergie nicht einzusteigen. In Italien entschied sich die Bevölkerung 1987 in einer Volksabstimmung für den Totalausstieg, der bis 1990 auch umgesetzt wurde. Versuche der Konservativen die Atomkraft wieder einzuführen, beantwortete die Bevölkerung 2011 in einer neuerlichen Volksabstimmung mit 94,1% Ablehnung.
Anderswo, wie in Deutschland und Schweden, gelang es der Atomindustrie aber bald die Entscheidungsträger wieder auf ihre Seite zu ziehen. Erst die neuerliche Atomkatastrophe von Fukushima 2011 bewirkte auch in Deutschland (wo nie eine Volksabstimmung darüber abgehalten worden ist) den Beschluß zum Totalausstieg, ebenso in Belgien, der Schweiz, Spanien und anderen Staaten. Litauen ist bereits 2009 aus der Kernenergie ausgestiegen, eine Volksabstimmung (64,8% Ablehnung) im Jahr 2012 hat den Wiedereinstieg verhindert.

 

An diesen beeindruckenden Intellektuellen Prof. Paul Blau muß ich manchmal denken, wenn ich heute die "Verlockungen" der DNA-Firmen und ihrer Parteigänger höre. "Es kann nichts passieren", "das ist völlig harmlos", ja sogar "das kann Dir nur nutzen, wenn deine DNA auch an die medizinisch-pharmazeutische Industrie geht" usw. Und jede davon abweichende Einschätzung sei "lächerliche und unwissenschaftliche Panikmache". Nur das "Argument" mit den "ausgehenden Lichtern", das natürlich auch nicht gestimmt hat, wie wir inzwischen wissen, das gibt es diesmal nicht.

Damals wie heute steht eine milliardenschwere weltweite Industrie hinter dieser Entwicklung. Damals wie heute werden riesige Werbekampagnen zur Verharmlosung der Frage durchgeführt und Kritiker mundtot gemacht - z.B. indem man ihnen die Teilnahme an den relevanten Diskussionsgruppen und Foren einfach verbietet. Damit wollen sich die Manager dieser Konzerne, die aus der Atomdebatte vor 40 Jahren sehrwohl gelernt haben, inhaltliche Auseinandersetzungen ersparen.

Damals wie heute ist die flächendeckende Überwachung der Menschen eines der zentralen Ziele, damals wie heute geht es um Kontrolle, Macht und natürlich um sehr viel Geld.

Denn, so wie damals der Aufbau der Kernwaffenbestände ohne AKWs unmöglich gewesen wäre, so wäre es heute ohne die Millionen von DNA-Proben der Ahnenforscher unmöglich die Forschung am menschlichen Genom und dessen Manipulation in diesem Tempo fortzusetzen. Aber damals wie heute wird diese Tatsache tunlichst verschwiegen bzw. unterdrückt.
Wüßten die Einsender von DNA-Proben, was sie damit fördern, die meisten würden es wohl bleiben lassen.

Beide Techniken, die der Anwendung der Kernspaltung und die der Manipulation des Zellkerns, haben unsere Welt dramatisch und vermutlich unwiderruflich verändert.
 
Die gewaltige Bedrohung durch die Anwendung der Kernspaltung ist heute, zumindest in Mitteleuopa, allgemein bekannt und unbestritten.
An den Folgen dieser verheerenden Technologie wird die Menschheit aber noch sehr sehr lange laborieren. Plutonium239 hat eine Halbwertszeit von 24.110 Jahren, erst dann ist die Hälfte dieser Atome zu Uran235 zerfallen, das ebenfalls radioaktiv ist und eine Halbwärtszeit von 703,8 Millionen Jahren aufweist bis es zum stabilen (ungefährlichen) Blei206 wird. Dagegen ist die Erfindung der Schrift noch keine 6000 Jahre alt und die des Buchdrucks mit beweglichen Lettern keine 600. D.h. die Auswirkungen der Kernspaltung dürften die Menschheit bei weitem "überleben".

Es ist möglich, daß in weiteren 40 Jahren auch die Auswirkungen der Manipulation des Zellkerns allgemein bekannt sein werden. Aber so wie die weltweite Anwendung der sog. "grünen Gentechnik" in der Landwirtschaft (gentechnisch veränderte Pflanzen - transgene Pflanzen) schon heute praktisch unumkehrbar ist, ist auch die sog. "rote Gentechnik" (gentechnisch veränderte Wirbeltiere - transgene Tiere) schon weit fortgeschritten. Und der Mensch ist genetisch gesehen auch nichts anderes als ein Wirbeltier.

 

Wie hat der große österreichische Chemiker und Genetiker, Erwin Chargaff, wichtiger Wegbereiter zur Entschlüsselung des menschlichen Genoms (Chargaff'sche Regeln), so treffend gesagt: "Zwei verhängnisvolle wissenschaftliche Entdeckungen haben mein Leben gezeichnet: erstens die Spaltung des Atoms, zweitens die Aufklärung der Chemie der Vererbung. In beiden Fällen geht es um Misshandlung eines Kerns: des Atomkerns, des Zellkerns. In beiden Fällen habe ich das Gefühl, dass die Wissenschaft eine Schranke überschritten hat, die sie hätte scheuen sollen." (veröffentlicht in seinem Buch "Feuer des Heraklith", Erstauflage 1978)
Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.
 

Ich lerne immer gerne dazu. Falls jemand einen logischen Fehler in meinen obenstehenden Ausführungen findet, ist er herzlich dazu eingeladen mir zu schreiben: 
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Betreff: DNA-Genealogie

Wien, im August 2018                                                      Günter Ofner

Weiterführender Artikel: http://www.guenter-ofner.at/index.php/dna-genealogie