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Wie finde ich näheres über einen kaiserlich-habsburgischen Soldaten der Jahre zwischen 1740 und 1820, von dem ich nur den Namen und allenfalls das Regiment kenne? So lautet eine häufige Frage.

Die Antwort sind die sogenannten "Musterlisten".

INHALT
Das sind "Personallisten" der einzelnen Einheiten (Regimenter, Garnisons/Feld/Lager - Spitäler, Garnisonen, Festungs-Einheiten, Kadetten - Schulen/Institute, Invalidenhäuser, Militärseelsorgen usw.) an einem konkreten Stichtag.
An diesem Tag wurde die Einheit zur Musterung versammelt und die Armeeschreiber verzeichneten jeden einzelnen Soldaten.
Die Gliederung der Regimenter erfolgte nach den Kompanien, Eskadronen usw.
Die Liste beginnt mit dem Kommandeur, bei den Kompanien meist ein Hauptmann bzw. Rittmeister bei der Kavallerie. Dann folgen die (Ober) Offiziere und die Unteroffiziere in der Reihenfolge des Ranges. Dann kommen Spielleute (auch Boten), Gefreite ("Befreyte") usw. und schließlich die "Gemeinen", also die einfachen Soldaten.

Bei jedem Mann, vom Oberst bis zum letzten Trommlerbuben ist
- der Rang
- das Lebensalter
- die Dienstzeit, die er schon geleistet hatte
- der Herkunfts/Geburtsort und das Kronland
- die Konfession
- der Familienstand
- die Profession (der Zivilberuf), "ohne" bedeutet, daß er keinen Zivilberuf erlernt oder diesen nicht angegeben hatte
- die Zahl der Kinder (falls vorhanden)
- oft auch weitere Angaben
angeführt.

Infanterie Regiment Nr. 4 1. Kompagnie 1757 Ausschnitt

Drei Gefreite des Infanterie-Regiments Nr. 4 in der Musterliste von 1757

 

Infanterie Regiment Nr. 4 1. Kompagnie Offiziere 1757

Hauptmann und Oberleutnant des Infanterie-Regiments Nr. 4 in der Musterliste von 1757


Ergänzt werden die Musterlisten oft durch Aufstellungen der Transferierten (von anderen Einheiten übernommene Soldaten) und Übersichtstabellen.

Den Oberst, die Stabsoffiziere, Cyrurgen, Feldscherer, Profoße, Proviantmeister, Waagenmeister usw. findet man meist in einem eigenen Abschnitt.


Je jünger die Liste ist, desto detaillierter sind die Angaben.

 

Infanterie Regiment Nr. 4 1. Kompagnie 1818 linke Seite

Zwei Gefreite des Infanterie-Regiments Nr. 4 in der Musterliste von 1818 (linke Seite)

Infanterie Regiment Nr. 4 1. Kompagnie 1818 rechte Seite

Zwei Gefreite des Infanterie-Regiments Nr. 4 in der Musterliste von 1818 (linke Seite)

 

ACHTUNG:
Diese Musterlisten und Standestabellen sind von Berufsschreibern (Regimentsschreibern) verfaßt worden und damit in der Regel sehr gut lesbar.
Diese haben aber natürlich aufgeschrieben, was die Soldaten selbst angegeben hatten. Da manche (viele) Soldaten Grund hatten ihren Namen zu verschweigen bzw. ihre Herkunft zu verschleiern, stehen zwangsläufig auch frei erfundene Angaben in diesen Listen.
Es ist daher ratsam immer alle in Frage kommenden Musterlisten und Standestabellen durchzusehen, denn es könnten unterschiedliche Angaben verzeichnet sein.

 

ZEITRAUM
Die Musterlisten wurden in der Regel ab dem Jahr 1740 (Regierungsantritt "Kaiserin" Maria Theresias) angelegt. Ganz vereinzelt gibt es auch ältere.
Bis zum Jahr 1768 wurden sie zwei Mal im Kalenderjahr erstellt (Frühling und Herbst), ab dann nur mehr ein Mal pro Jahr.
1820 wurden sie durch die Einführung der Grundbuchblätter/Hauptgrundbuchblätter, das waren Personalbögen, für jeden einzelnen Soldaten ersetzt.

Die Musterlisten wurden von den inspizierenden Kriegskommissären und Brigadieren mit den Berichten ("Musterungs-Relationen") an den Hofkriegsrat in Wien gesandt und sind im Kriegsarchiv in Wien in der Regel erhalten geblieben.


STANDESLISTEN
Das ist ein Oberbegriff für "Monatstabellen","Assentlisten" und "Transferierungslisten"

Monatstabellen geben die personellen Veränderungen in der Einheit innerhalb eines Monats wieder - Zu- und Abgänge.

Assentlisten und Transferierungslisten sind selbsterklärend, lagen oft den Monatstabellen bei und enthalten ähnliche Angaben wie die Musterlisten.



BEI FAMILYSEARCH
Familysearch hat die im Wiener Kriegsarchiv befindlichen Musterlisten (und vieles andere auch) digitalisiert und ins Netz gestellt:
https://familysearch.org/search/catalog/results?count=20&query=%2Bauthor%3A%C3%96sterreich%20%2Bauthor%3AArmee&subjectsOpen=253914-50,433053-50&subjectIndex=500

Zur Benützung müssen Sie sich dort einmalig und kostenlos anmelden.
Sie sehen nach dem Aufruf nur den ersten Teil der Übersichtsliste über die Einheiten. Am Ende der Liste können Sie per Klick auf "Weitere anzeigen" den nächsten Teil der Übersicht zusätzlich öffnen, usw.
Hier sind rund 6.500 verschiedene Einheiten aufgelistet.

Wenn Sie die gewünschte Einheit gefunden haben, klicken Sie darauf und Sie sehen dann welche Unterlagen über diese Einheit vorhanden sind.

Beim "Österreich. Armee. Infanterie Regiment 004" (das ist das Wiener Deutschmeisterinfanterieregiment) beispielsweise sehen Sie, daß die "Musterlisten und Standestabellen" 1740-1820 vorhanden sind.
Klicken Sie dort darauf und Sie sehen die 65 Fasz. (Filme), die vorhanden sind.
Suchen Sie (links) Ihr gewünschtes Jahr und klicken Sie dort rechts in der Zeile auf das Fotoapparat-Symbol.
Dann öffnen sich die Fotos.
Auf diesen Filmen kann eine Musterliste sein, aber auch mehrere. Am Beginn jedes Buches steht, was hier verfilmt wurde.
Sie können, wie immer bei Familysearch, einzelne Seiten herunterkopieren und auf Ihrem Computer speichern.

KRIEGSARCHIV WIEN
Eine sehr gute Übersicht über die genealogischen Bestände des Kriegsarchivs in Wien findet man hier:
QUELLEN ZUR GENEALOGISCHEN FORSCHUNG IM KRIEGSARCHIV WIEN
von

Christoph Tepperberg

Direktor des Kriegsarchivs

file:///C:/Users/User/Downloads/Genealogie%20im%20Kriegsarchiv%20(05%2012%202014).pdf

Familienforschung im Kriegsarchiv Wien
https://www.oesta.gv.at/benutzung/forschungshinweise/kriegsarchiv.html

Kategorie: Interessantes rund um das Militär im alten Österreich
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